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Fragen und Antworten
Gerne erklären wir hier einige Fachbegriffe aus dem Bereich der Agrarwissenschaft und rund um das Thema Pestizide. Diese Fragen werden von uns laufend ergänzt und aktualisiert.
Ackergifte sind chemische Substanzen, die gegen Pflanzen (Herbizide), Pilze (Fungizide), Insekten (Insektizide) und Mikroorganismen (Pestizide) auf den Äckern ausgebracht werden. Darunter sind hochgiftige Wirkstoffe, die nicht nur Bienen töten und Menschen gesundheitlich schädigen. Sie vernichten auch viele andere Insekten und Wassertiere, schädigen das Bodenleben und belasten das Trinkwasser und die auf dem Acker angebauten Lebensmittel. Der Einsatz von Ackergiften in der Agrarindustrie hat unter anderem dazu beigetragen,
- dass jeder zweite Feldvogel ausgestorben ist,
- dass fast die Hälfte der Arten in den Ackergewässern verloren gegangen ist,
- dass weltweit eine Vielzahl von Insekten gefährdet ist oder diese gar verschwinden,
- dass auf vielen Ackerflächen kein Humus mehr entsteht,
- dass durch Wasser- und Winderosion kostbarer Boden verlorengeht
Menschen erleiden gesundheitliche Beschwerden, die jedoch bisher nur in besonders schweren Einzelfällen als Folgen von Vergiftungen mit Spritzmitteln anerkannt wurden.
Die in der modernen Agrarwirtschaft eingesetzten Ackergifte stehen nicht nur im Verdacht, sich durch den Verzehr im tierischen und menschlichen Körper anzusammeln und gesundheitliche Schädigungen hervorzurufen. Studien, die das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft und das Umweltinstitut München in Auftrag gegeben haben, nähren den Verdacht, dass sich bestimmte Wirkstoffe flächendeckend ausbreiten und von Menschen in Stadt und Land gleichermaßen ständig eingeatmet werden.
Bei letzterem spricht man von Verfrachtung, die durch Witterungseinflüsse hervorgerufen wird, bei denen kleinste Mengen von Wirkstoffen zusammen mit Staubteilchen oder als Aerosole, ein Gemisch aus Schwebeteilchen, in die höheren Luftschichten aufsteigen und mit der Windbewegung und Niederschlägen weit verbreitet werden. Hier einen Nachweis der Gesundheitsschädigung führen zu wollen, ist sehr schwierig und bleibt einstweilen weiteren Forschungen vorbehalten.
Viel näher an der Nachweisbarkeit sind Schädigungen durch die sogenannte Abdrift. Bei der Ausbringung von Pestiziden kann es dazu kommen, dass der feine Sprühnebel verweht wird. Das Ackergift wird so vom Ort der Anwendung wegtransportiert und schlägt sich – mitunter in mehreren Hundert Metern Entfernung – auf Nachbarflächen, in Gewässern, Gehölzen, Wäldern oder Gärten nieder. Das nennt man Pestizid-Abdrift. Auch durch Fehlanwendungen und Unfälle kommt es häufig zu direkter Kontaminierung mit den oftmals hochgiftigen Substanzen.
Von Pestizid-Abdrift kann jede und jeder betroffen sein. Über Abdrift gelangt der Sprühnebel auf Obst und Gemüse in Gärten von Anrainern und auf Spielflächen von Kindern. Menschen, die sich gern in der Natur aufhalten, wie Spaziergänger, Joggerinnen und Radfahrer, geraten ungewollt in den Sprühnebel frisch behandelter Felder. Wer sich in der Landschaft aufhält, kann unfreiwillig zum Zeugen oder der Zeugin fehlerhafter Anwendung werden, wenn bei starkem Wind gespritzt wird oder Wege, Raine, angrenzende Gehölze oder Gewässer mitgespritzt werden. Auch warme Witterung kann ein Auslöser von Abdrift sein. Der Wirkstoff Clomazon wird etwa schon bei Boden- und Lufttemperaturen ab etwa 18 Grad Celsius gasförmig. Das Gas steigt auf, wird bereits durch schwache Luftbewegungen davongetragen und sinkt durch Luftabkühlung wieder zu Boden.
Mehr Fragen und Antworten zum Thema Pestizde findet Ihr auf dem Expert*innen-Portal Whispert
Und was bedeutet eigentlich "enkeltauglich"?
Wer den kommenden Generationen eine lebenswerte Welt übergeben möchte, muss sich mit den bedrohlichen Herausforderungen der Gegenwart auseinandersetzen. Es hilft, die Zukunft ganz nah an sich heranzulassen: Was werde ich antworten, wenn mich einst meine Enkelinnen und Enkel danach fragen, was ich getan habe, um die Übernutzung der Erde, das Aussterben der Arten, die Verseuchung der Gewässer, die Verschmutzung der Ozeane, die Überhitzung der Atmosphäre etc. zu beenden?
Ein Landwirt oder eine Landwirtin in Deutschland erlöst etwa jeden vierten Euro im Export, die deutsche Ernährungswirtschaft nach Branchenangaben sogar jeden dritten Euro. Angesichts stagnierender Märkte im Inland benötigt die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft jedoch weiteres Wachstum im weltweiten Export, um ihren Beitrag zu Erhalt und Steigerung von Wertschöpfung und Wohlstand in Deutschland zu leisten – so findet es sich im Vorspann der »Daten und Fakten« zum deutschen Agrarexport 2017 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Die von »Germanwatch« erstellte Studie »Vorschläge für eine Neuausrichtung der Europäischen Agrarpolitik«, auf den Weg gebracht von Martin Häusling, EU-Abgeordneter der Grünen, hingegen fragt: »Wie kann es sein, dass so viel staatliches Geld in einen Sektor fließt und gleichzeitig Bauernhöfe reihenweise aufgeben, Großinvestoren Landraub betreiben sowie Pestizide, wie Glyphosat, und Antibiotikamissbrauch im Stall unsere Gesundheit und die Umwelt massiv belasten?« Das ministeriell beschworene Wachstum sei an massenhaften Fleisch- und Milchexport sowie ebensolchen Soja-Import gebunden, belaste das Grundwasser mit Rückständen der Ackerchemie und hinge am Tropf einer Subventionspolitik, die Großbetriebe begünstigt. Ähnlich sieht es das Papier »Wertschöpfung schaffen!« der Kampagne »Meine Landwirtschaft«, die die Politik zum Handeln drängt: »Menge runter, Preis rauf, Überdüngung reduzieren, bäuerlich-ökologische Landwirtschaft fördern!« Gleiches wollen 260 000 Bürgerinnen und Bürger aus ganz Europa, die eine von der EU-Kommission initiierte Online-Debatte um die künftige Ausrichtung der europäischen Agrarpolitik, koordiniert vom Umwelt-Netzwerk »Living Land«, unterzeichnet haben.
Die Dynamik der Bewegungen, die eine nachhaltige Landwende herbeiführen wollen, und die »Megamaschine«, die dem entgegensteht, werden zu einem der wichtigsten Themen der nächsten Jahre werden. Angesichts der wachsenden Kluft zwischen der Hoffnung auf eine weltweite Einsicht der Zivilgesellschaft in die Notwendigkeit, unseren Enkelinnen und Enkeln eine sie nährende Welt zu übergeben, und der schmerzhaften Realität unbeugsam auf Profit orientierer Industriekomplexe, die den Boden lediglich als verunkrautetes, von lästigen Schädlingen bevölkertes Substrat für ihre technischen Klone betrachten, erscheint es schwierig, sich der Lösung dieses Erzproblems in der gebotenen Ruhe und mit der nötigen Lassenskraft zu widmen.
Das kann nur gelingen, wenn engagierte, dialogfähige Akteurinnen und Akteure aus allen Bereichen der heutigen landwirtschaftlichen Wirklichkeit nach dem ersten kleinen Schritt suchen, der wirklich, wirklich getan werden kann, um einer enkeltauglichen Welt buchstäblich den Boden zu bereiten. Wie zum Beispiel denkt eine Agrar-Großunternehmerin, ein Agrar-Großunternehmer über ihre oder seine Zukunft und die ihrer oder seiner Nachkommen nach? Wie weit sind ihre oder seine Gedanken, Gefühle, Befürchtungen und Hilflosigkeit von denen derjenigen, die sich auf einem ökologisch wirtschaftenden Kleinbauernhof abmühen, entfernt? Die Landwirtschaft ist nur das sichtbarste Glied in einer langen Kette von Abhängigkeiten, die bei der Erdölförderung beginnt, über die Düngemittel-, Pestizid- und Saatgutindustrie oder den Maschinenbau führt und beileibe nicht nur im Supermarkt oder in der Müllverbrennung endet. Überall in dieser Kette – auch in den Vorstandsetagen – werkeln Menschen, die wissen, dass es so nicht weitergeht. Warum tun sie nicht, was sie wissen? Was müsste geschehen, damit sie trotz der existierenden Sachzwänge etwas anderes tun als bisher?
Eine Welt, die unseren Enkelgenerationen zum Leben taugt – eine solche Welt ist sicherlich im Herzen der meisten Menschen als Wunsch verankert. Der Weg zu einer enkeltauglichen Landwirtschaft beginnt damit, die Menschen aufzusuchen, von denen es faktisch abhängt, ob die Vision von einer nachhaltig lebenswerten Welt Wirklichkeit werden kann. Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft will diesen Weg beschreiten.
Eine Fülle weiterer Informationen finden Sie im Infopool der Bürgerinitiative Landwende e.V.
Wenn Sie wissen möchten, woher der Begriff »enkeltauglich« kommt, finden Sie hier die Geschichte.